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RFCDC-Reflexionstool für Lehrkräfte


Selbstreflexion – ein Weg zu einem demokratischen Berufsethos und einer demokratischen Schulkultur


Einleitung

  • Gibt es an Ihrer Schule Probleme mit Mobbing, Vorurteilen und Diskriminierung?
  • Würden Sie sich wünschen, dass Ihre Schüler:innen mehr kooperieren und weniger konkurrieren?
  • Haben Sie das Gefühl, dass Sie Ihre Schüler:innen im Unterricht nicht genügend unterstützen?

Wenn Ihnen diese Fragen bekannt vorkommen, ist dieses Tool zur Selbstreflexion vielleicht der richtige Begleiter für Sie.

  • Interessiert es Sie, was Demokratie in der Schule eigentlich bedeutet und was das mit Ihnen und Ihrem Berufsethos als Lehrkraft zu tun hat?

Wir laden Sie ein, uns auf einer Reise zu begleiten, die Ihnen helfen soll, Ihre eigenen Kompetenzen in Bezug auf eine demokratische Kultur zu entwickeln und die Selbstreflexion darüber zu fördern. Jede Begegnung mit Schüler:innen, Kolleg:innen oder Eltern bietet neue Möglichkeiten der Interaktion, der Zusammenarbeit und des Lernens, aber auch neue Herausforderungen und mögliche Konflikte. Die Qualitäten, die wir brauchen, um zu einer demokratischen Schulkultur beizutragen, können wir nicht ein für alle Mal abschließend lernen, sie müssen ständig entwickelt, gepflegt und an neue Situationen und Kontexte angepasst werden. Es ist eine Herausforderung für eine Lehrkraft, die Potenziale des Lernens, der Zusammenarbeit und des persönlichen Wachstums zu erkennen und die Herausforderungen auf konstruktive und respektvolle Weise zu lösen. Oft führt der Weg über Versuch und Irrtum, Scheitern ist daher ein Teil des Prozesses, ein Teil davon, eine „gute Lehrkraft“ zu werden und zu sein (Biesta 2015; Larivee 2000). Es ist ein Teil dessen, was als demokratisches Berufsethos bezeichnet werden kann.

Demokratische Werte, Haltungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Wissen und kritisches Verstehen, wie sie im Kompetenzmodell für eine demokratische Kultur des Europarats beschrieben sind, spielen eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung eines Berufsethos, das auf den Werten der Demokratie, der Menschenrechte und des interkulturellen Dialogs aufbaut. Um glaubwürdig und nachhaltig zu sein, brauchen Demokratie-, Menschenrechts- und interkulturelle Bildung ein Unterrichtsumfeld, das auf demokratischen Grundsätzen beruht, einschließlich einer demokratischen Einstellung der Lehrkräfte, der Beteiligung der Lernenden am Lernprozess und nicht zuletzt der Fähigkeit, die eigenen Unterrichtsaktivitäten kritisch zu reflektieren und anzupassen.

Dieses Tool ist für Sie geeignet, wenn Sie Ihr demokratisches Berufsethos und Ihre Kompetenzen kontinuierlich weiterentwickeln möchten, auch wenn die Bedingungen dazu nicht immer die günstigsten sind. Es wird Ihnen helfen, Ihre Arbeit anhand der Demokratiekompetenzen zu strukturieren, indem Sie den Reflexionszyklus („planen, umsetzen, reflektieren, anpassen”) anwenden. Dies verlangsamt Sie zwar in der Reflexionsphase, erhöht aber letztendlich Ihre Fähigkeit, Ihre Lehrtätigkeit und Ihre pädagogische Praxis im Allgemeinen zu verbessern.

Kompetenzen für eine demokratische Kultur (CDC) sind nicht nur für den Bildungssektor, sondern für die demokratische Kultur im Allgemeinen von Bedeutung. Die 20 Kompetenzelemente des CDC-Modells und die dazugehörigen Deskriptoren können uns helfen, darüber nachzudenken, wie wir Dinge tun, wie wir mit Menschen interagieren, wie wir zusammenarbeiten und wie wir Konflikte lösen. Die Entwicklung von CDC ist eine persönliche Entwicklung.

Am relevantesten sind die CDC jedoch im Kontext der Bildung. Lehrkräfte und andere Pädagog:innen haben als wichtige Bezugspersonen, Vorbilder und Moderator:innen von Lernprozessen einen großen Einfluss auf die Lernenden und sind weit mehr als nur Wissensvermittler:innen. Pädagog:innen können Lernende dabei unterstützen, unabhängig denkende, kooperationsfähige und selbstbewusste Teilnehmer:innen an Dialogen, Diskussionen und Entscheidungsprozessen zu werden. Sie können die Lernenden dabei begleiten, aktive Bürger:innen zu werden.

Als „demokratische Lehrkraft“ müssen Sie viel mehr als nur „gut“ in Ihrem Fach sein. Es erfordert viel von dem, worum es bei den CDC geht: die Fähigkeit, Lernenden, Kolleg:innen und Eltern zuzuhören; Offenheit für die kulturellen Zugehörigkeiten und Praktiken, die sie in den Bildungsprozess einbringen; Einfühlungsvermögen und Verantwortungsbewusstsein für das Wohlergehen und das Empowerment aller Lernenden, um nur einige Kompetenzen zu nennen.

Die Art und Weise, wie eine Lehrkraft unterrichtet und interagiert, hat einen wichtigen Einfluss auf das Klassenklima, das Wohlbefinden und die Leistungen der einzelnen Lernenden. Diese Aspekte der beruflichen Praxis können erlernt und systematisch entwickelt werden.

Pädagogische Professionalität ist eine Frage der ständigen Entwicklung und hängt daher von der Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstbeobachtung und Selbstreflexion ab (Bailey, Curtis und Nunan 2001; Schoen 1983). Dies wird noch deutlicher, wenn es um die Entwicklung von demokratischen und integrativen Lernumgebungen geht. Carr und Kemmis (Carr und Kemmis 1986) betonen, dass ein demokratischer Wandel nur durch kontinuierliche und gemeinschaftliche Praxisreflexion erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang ist die berufliche Entwicklung eines Lehrers oder einer Lehrerin gleichzeitig auch eine persönliche Entwicklung. Eine demokratische Lehrkraft möchte ihre eigenen demokratischen Haltungen überprüfen; sie möchte ihre eigenen Methoden hinterfragen und aus ihren Interaktionen mit den Lernenden lernen. Der gedankliche Schritt zurück und das Wechseln von Perspektiven ermöglicht es uns, unsere eigenen Stärken und Schwächen zu analysieren und zu verändern sowie unsere professionellen Demokratiekompetenzen weiterzuentwickeln. Aus dieser Perspektive kann Selbstreflexion als eine intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Lern- und Lehrprozessen im Hinblick auf CDC verstanden werden. Dies knüpft unmittelbar an die Europarats-Charta zur Politischen Bildung und Menschenrechtsbildung an, die besagt, dass „Lehr- und Lernpraktiken und -aktivitäten […] den Werten und Grundsätzen der Demokratie und der Menschenrechte folgen und diese fördern [sollen]“ (Europarat 2010, deutschsprachige Fassung S. 9).

Zielsetzung des Tools

Dieses Tool soll Lehrkräfte und andere Pädagog:innen bei ihrer Arbeit mit dem RFCDC des Europarats begleiten: Es kann als Einstieg in den RFCDC verwendet, aber auch als allgemeiner Begleiter zur Selbstreflexion über Unterricht und demokratische Kompetenzen benutzt werden. Dieses Tool kann Sie bei der Entwicklung Ihrer Rolle und Praxis als Lehrkraft begleiten, wobei Sie selbst entscheiden können, wie viel Zeit und Mühe Sie dafür aufwenden möchten.

Das Reflexionstool richtet sich an Lehrkräfte aller Schultypen, berufsbegleitend oder noch in der Ausbildung, an solche, die schon mit dem RFCDC vertraut sind oder nicht. Es kann auf individueller Basis oder für Gruppenreflexionen verwendet werden.

Bildung für Demokratie und inklusive Bildung erfordern sowohl reflexive Praktiker:innen als auch eine reflexive Schulkultur. Dieses Tool soll Lehrkräfte zur Selbstreflexion anregen, die wiederum die Grundlage für eine reflexive Schulkultur bildet.

Eine Schulkultur, die auf Selbstreflexion basiert, kann viele Methoden und Tools nutzen, darunter Beobachtung, kollegiales Feedback, Gruppenreflexion im Lehrer:innenteam, Arbeitsgruppen und Ähnliches. Dieses Tool kann mit all diesen Zugängen kombiniert werden und lässt sich leicht in umfassendere Schulentwicklungsprozesse integrieren.

Dieses Reflexionstool für Lehrkräfte soll die Umsetzung des RFCDC in Schulen unterstützen. Es stärkt auch die Bemühungen des Europarats, ein europäisches Netzwerk demokratischer Schulen aufzubauen. Durch den Fokus auf die Kompetenzen der Lehrkräfte und ihr Berufsethos wird die Bedeutung der Lehrkräfte für das gesamte Schulsystem anerkannt.

Struktur des Tools

Kapitel 1: Kompetenzmodell für eine demokratische Kultur kennenlernen

Kapitel II: Aufwärmen – ein Einstieg in Beobachtung und Reflexion

Das Kapitel macht Sie mit Beobachtung und Selbstbeobachtung vertraut und zeigt, wie die CDC-Deskriptoren Ihre persönliche und berufliche Entwicklung unterstützen können. Der Abschnitt beginnt mit der Erkundung von Alltagssituationen, in denen Sie Ihre Demokratiekompetenzen einsetzen können. Es geht weiter mit der Reflexion über Ihre Stärken als demokratische Lehrkraft und wie Sie diese in einem fortlaufenden Prozess entwickeln können. In einem letzten Schritt wendet sich der Abschnitt den „heißen Momenten“ im Leben einer Lehrkraft zu – Situationen, die Sie als pädagogische Herausforderung empfinden und in denen Sie das Gefühl haben, dass Sie Ihren pädagogischen und persönlichen Ansprüchen nicht gerecht werden. Mit Hilfe der CDC und der Deskriptoren wird der Abschnitt Sie durch eine Reflexion darüber führen, wie Sie solche „heißen Momente“ auf angemessenere Weise lösen können.

Kapitel III: Die Module

Der Abschnitt besteht aus fünf Reflexionsmodulen, die sich an den Schwerpunktthemen des Europaratsprojekts „Free to Speak, Safe to Learn – Democratic Schools for All“ orientieren. Die Module können in beliebiger Reihenfolge bearbeitet werden. Jedes Modul ist eine separate, unabhängige Einheit.

  • 1. Kindern und Jugendlichen eine Stimme geben
  • 2. Umgang mit kontroversen Themen
  • 3. Prävention von Gewalt und Mobbing
  • 4. Propaganda, Desinformation und Fake News
  • 5. Strategien gegen Diskriminierung

Jedes Modul folgt der gleichen Struktur, die es Ihnen ermöglicht, sich mit dem jeweiligen Thema vertraut zu machen und Schlussfolgerungen zu ziehen, wie Sie Ihre jeweiligen Kompetenzen verbessern können.

Ein kurzer einleitender Abschnitt zu jedem Thema zeigt die Relevanz des Themas im schulischen Kontext auf, stellt Verbindungen zu den CDC her und führt Leitfragen für die Reflexion ein. Ein fiktives Szenario ermöglicht eine Analyse und einen Vergleich mit Ihrer eigenen Unterrichtspraxis und kann als Aufwärmübung sowie zum Kennenlernen des jeweiligen Themas verwendet werden. In einem nächsten Schritt werden Sie durch einen Reflexionsprozess über Ihre eigenen Unterrichtsaktivitäten und -projekte geführt. Das Tool kann auf individueller Ebene oder zusammen mit Kolleg:innen eingesetzt werden. Es ermöglicht auch kollektive Reflexionsprozesse für das gesamte Kollegium einer Schule. Es kann Sie unter allen Bedingungen unterstützen und befähigen, unabhängig von Ihrer Erfahrung oder davon, wie weit Sie auf Ihrem Weg zur Schaffung einer demokratischen Schule gekommen sind.

Weiterführende Literatur und Ressourcen

Deutsch

Englisch

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